Mittwoch, November 17, 2004

Warum kleine Steinchen bei Pinguinen so begehrt sind

Überall wo Pinguine auf der antarktischen Halbinsel brüten, sind sie auf der Suche nach dem begehrtesten Material im Pinguinleben (außer Fisch, Krill, Tintenfischen... ;-): kleine Steinchen, die man im Schnabel transportieren kann! Diese Kleinodien dienen den Pinguinen nämlich als Nistmaterial. Man stelle sich vor: Sogar Sex von weiblichen Pinguinen als Gegenleistung für anschließend geklaute Steine wurde in einer wissenschaftlichen Untersuchung zweifelsfrei nachgewiesen. Die gewieften Weibchen der Adelie-Pinguine auf der Ross-Insel machen einen Seitensprung bei weibchenlosen, aber "steinreichen" Männchen, um danach - quasi als Gegenleistung – Steinchen vom Nest des noch vor Glück besinnungslosen ;-) Männchens zu klauen. Einige Weibchen kehrten sogar mehrfach vom eignen Nest zu dem "steinreichen " Männchen zurück und schafften es dadurch teilweise auf bis zu 62 Steine in einer Stunde. (Fiona Hunter, Uni Cambridge)
Erbitterte Streitigkeiten um Steine zwischen fest etablierten Paaren sind an der Tagesordnung. Herr Wojdziak von der Forschungsstation beschrieb es mal launig so: "Wenn jeder jedem was klaut, kommt auch nichts weg".

Was ist die biologische/ökologische Ursache?

Zum Verständnis kann das Webcambild herangezogen werden: Die Tagestemperaturen haben sich mitterweile bei knapp über 0 Grad Celsius eingepegelt, teiweise regnet es, der Untergrund ist zweifellos in allen felsfreien Bereichen ziemlich schlammig, Schmelzwasser rinnt den Hang hinunter. Siehe WebcamBild:


Je höher ein Nest sich über diesen Untergrund aus geschmolzenem Schnee und schlammigen Bodenanteilen erhebt, desto besser die Brutchancen. Denn wenn das Ei mit der Unterseite mit eiskaltem Wasser in Berührung kommt, dann hilft alles Brüten nichts: das Ei wird früher oder später absterben. Das selbe gilt für die Küken: Ist der Nestuntergrund durch Schmelzwasser (später auch durch kalten Regen) eiskalt, so hat das Küken geringere Überlebenschanchen. Ein gutes Nest bedeutet also für die Eselspinguine: Das Nest ist möglichst hoch über dem Schmelzwasserbereich!
Und wer die meisten Steine hat, dessen Eier und Küken haben wesentlich bessere Überlebenschancen, weil sein Nest höher liegt. Und wenn mal von oben bei starkem Regen oder nach starkem Schneefall mit anschliessendem Tauwetter das Wasser von oben kommt: dann läuft es zwischen den Steinchen wunderbar ab, sie wirken nämlich wie eine Drainage!

Was passiert, wenn im antarktischen Frühjahr am Brutplatz extrem viel Schnee liegt, könnt ihr hier sehen: in Legenot haben diese Eselspinguine ihre Eier direkt auf den Schnee legen müssen, weil ihre vorjährigen Steinnester noch unter ca. 1,50 Schnee liegen! Durch die große Brutwärme, die ihr Bauch abgibt, sind sie schon tief "eingeschmolzen" und es wird von Fällen berichtet, wo diese armen Tiere dann jämmerlich in ihrem Eisgrab gestorben sind, da sie zu tief eingeschmolzen waren! Kamen nicht mehr raus!!
http://tilenius.homestead.com/ant045.html
Auf diesem Bild ist die bedauerliche Kolonie von weitem zu sehen: im rechten Bildteil sieht man gut an einer Stelle die gewaltige Schneeauflage auf dem Felsen!
http://tilenius.homestead.com/ant012.html

Selbst die bekannten Kaiserpinguine (die vollkommen ohne Nest mitten im antarktischen Winter brüten) legen das Ei ja nicht einfach auf's Eis, sondern in eine spezielle Hautfalte zwischen den Beinen. Eselspinguine sind dazu nicht in der Lage! Der direkte Eikontakt mit Wasser und Eis ist also bei allen Pinguinarten tabu!

Keine Kommentare: